Stellungnahme zu:
Erlass über die Ausnahme gem. Nr. 7 FörderRiLi Jugend für den Förderbereich Nr. 2.1 „Umsetzung eines Jahresprogramms von Maßnahmen der außerschulischen Jugendbildung, der Aus- und Fortbildung von ehrenamtlichen Mitarbeitern in der Jugendarbeit und der Ausbildung von Jugendlichen (juleica)“ für das Haushaltsjahr 2020 vom 01.09.2020 und Erläuterungen aus dem Unterausschuss Finanzen des Landesjugendhilfeausschusses vom 09.09.2020.
Grundsätzliches
Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (KJR) möchte die Gelegenheit nutzen, um zum obigen Erlass Stellung zu nehmen. Grundsätzlich begrüßt der KJR wesentliche Ausnahmeregelungen, die darin getroffen wurden. Wir erkennen dabei Regelungen, die auf Anmerkungen und Problemfeststellungen beruhen, die wir als KJR im Rahmen der Bewältigung der Herausforderungen der Corona-Pandemie bereits
frühzeitig in die Diskussion mit der obersten Landesjugendbehörde und dem Landesjugendamt eingebracht und eingefordert haben. Insgesamt begrüßen wir, dass der Ausnahmeerlass nun diese Regelungen rückwirkend zum 15.03.2020 als zulässig erklärt. Wir stellen dennoch klar, dass eine frühzeitige Einbeziehung des KJR in die Erarbeitung der Regelungen wünschenswert, notwendig und zielführender gewesen wäre und der Zeitpunkt der Veröffentlichung die Träger der Jugendbildung vor große Herausforderungen und Unsicherheiten stellt.
Im Einzelnen
Wir begrüßen die Ausnahmeregelungen zu Nr. 2.1 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Nr. 5.4.1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 und Abs. 3 und halten diese für zielführend.
- Die Träger werden in die Lage versetzt, in gewissem Rahmen, mehr mit jungen Menschen aus einer Region und kleineren Teilnehmendengruppen zu arbeiten. Dies ermöglicht die Reduktion des Infektionsrisikos während der Maßnahmen und kann einen Beitrag dazu leisten, mögliche komplexe Infektionsketten, durch überregional zusammenkommende Teilnehmendenkreise, zu vermeiden.
- Die Verlängerung der beschriebenen Möglichkeit, digitale, aufgegliederte Angebote umzusetzen, bietet Chancen, Erfahrungen in diesem Bereich auszuweiten und mögliche Infektionen zu verhindern.
- Die Regelungen ermöglichen es den Trägern, unter erhöhtem Verwaltungsaufwand, rückwirkend die Bildungsmittel maßnahmenbezogen umzuverteilen und in gewissem Rahmen noch auf die aktuellen Herausforderungen und Bedarfe zu reagieren. Höheren Kosten und Aufwänden bei der Maßnahmengestaltung unter „Corona-Bedingungen“ wird Rechnung getragen und auch eine mögliche Einsparung von Eigenmitteln wird dadurch abgedeckt. Trägern, die aufgrund der Pandemie Einbußen auf Einnahmeseite hatten, ist somit eine indirekte Hilfestellung gegeben.
- Die Ausweitung des Rahmens zuwendungsfähiger Ausgaben auf die genannten Kostenpositionen ist zielführend und angemessen. Die Feststellung im Unterausschuss Finanzen des LJHA, dass bestimmte Kosten (z. B. Hard- und Software) keinen direkten Maßnahmenbezug haben müssen, aber notwendig zur Realisierung von Teilen des geförderten Jahresprogramms sein müssen, begrüßen wir.
Kritische Würdigung:
- mangelnde Einbindung des KJR
- Zeitpunkt und Verfahren der Ausnahmeregelungen erzeugen unnötigen Mehraufwand
- Laufzeit des Erlasses zu kurz bemessen – Unsicherheiten für die Antragstellung bleiben
Unsere Vorschläge:
- eine künftige, frühzeitige Einbeziehung des KJR in Anpassungsprozesse, die die Förderrichtlinie und angrenzende Verfahren betreffen
- ein vereinfachtes, formloses Verfahren zur Beantragung und Bescheidung der Anwendung der Ausnahmeregelungen
- Verlängerung der Laufzeit der Ausnahmeregelungen bis zum 31.12.2021 und somit Anwendung auf das Antrags- und Bewilligungsverfahren 2021
Zu 1.) mangelnde Einbindung des KJR
Der KJR hat bereits frühzeitig auf Problemstellungen in der Umsetzung der geförderten Jahresbildungsprogramme hingewiesen und in Diskussionen mit den Trägern die Herausforderungen dargestellt. Dies hat sich aber nur unzureichend oder mit zeitlich großer Verzögerung in der Gestaltung der Eindämmungsverordnungen oder der bisher schon getroffenen Ausnahmeregelungen zur FörderRiLi Jugend niedergeschlagen. Die Träger der Jugendbildung und Jugendverbandsarbeit haben engagiert und motiviert versucht, auch unter Pandemie-Bedingungen und den notwendigen Einschränkungen der Eindämmungsverordnungen ihre Zielgruppenarbeit fortzusetzen. Eine frühzeitigere Einbindung des KJR und unserer Vorschläge hätte Aufwand und Zeit gespart. Der hier nun vorliegende Ausnahmeerlass spiegelt zwar wesentliche Anforderungen wider, eine Einbindung des KJR wurde aber nicht realisiert. Der KJR hat sich bisher stets auf vielen Ebenen jugendpolitischer Fragestellungen kompetent, nachhaltig und zielführend eingebracht. Gerade auch während der Pandemie haben wir den fachlichen Austausch zwischen den zahlreich betroffenen Mitgliedsorganisationen und Trägern der Jugendbildung organisiert.
Eine zukünftige, frühzeitige Einbindung auch in konkrete Regelungsfragen zur Förderung halten wir daher für zielführend, um Zeit zu sparen, Vermittlungsaufwände zu reduzieren und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zu leben.
zu 2.) Zeitpunkt und Verfahren
Die Ermöglichung und Veröffentlichung der Ausnahmeregelungen kommen leider mit Anfang September 2020 sehr spät. Die Träger müssen bereits jetzt unter unklaren und unsicheren Vorzeichen Anträge für ihre Jahresprogramme für das Jahr 2021 entwickeln und das laufende Jahr in all seinen Herausforderungen abschließend gestalten und aufarbeiten. Dass nun die detaillierten, geänderten Maßnahmenübersichten und Kosten- und Finanzierungspläne zur möglichen Anwendung der Ausnahmeregelungen eingereicht werden müssen, mit der Perspektive die Anträge 2021 unter „Normalbedingungen“ einzureichen, stellt die Träger vor erhöhte Verwaltungsaufwände sowie Unsicherheiten.
Die Anwendung der Ausnahmeregelungen sollte vereinfacht werden. Beispielsweise durch formlose Mitteilung oder formlosen Antrag des Trägers, die Ausnahmeregelungen 2020 in Anwendung bringen zu wollen und auf deren Basis dann ein Änderungsbescheid ausgestellt wird, der die Anwendung auf das jeweilige Jahresprogramm bestätigt. Es ist dabei klar, dass die bewilligte Zuwendung nicht überschritten werden darf. Wir halten es daher für ausreichend, im Verwendungsnachweis für das Jahr 2020 alle detaillierten Anpassungen darzustellen und damit selbstverständlich auch prüffähig zu machen.
Der verständliche Wunsch des Landesjugendamtes, bereits frühzeitig das sich abzeichnende Volumen an Restmitteln (nicht ausgeschöpften Zuwendungen) zu kalkulieren, um das Bewilligungs- und Auszahlungsverfahren 2021 zu planen, ist bereits überwiegend durch die Verfahren zum Abruf der Mittel erfüllt. Die Träger müssen, wenn sie Zuwendungen abrufen, bisher eingesetzte Mittel und die Höhe der Mittel, die sie in nachfolgenden Monaten einzusetzen beabsichtigen, mitteilen.
Der Umstand, dass die Zuweisung und die Höhe der Mittel in der Titelgruppe 61 perspektivisch, insbesondere zu Jahresbeginn, zu Engpässen führen könnten, ist allen Beteiligten, auch unabhängig der Auswirkungen der Pandemie, bekannt. Der KJR hat sich kontinuierlich und konsequent um eine Erhöhung der Mittel in der Titelgruppe bemüht. Dieses Anliegen fand im Haushaltsbeschluss des Landtages und in der Haushaltsaufstellung der Landesregierung keine Berücksichtigung. Wir sind der Meinung, dass dies jedoch nicht die Handlungsfähigkeit der Träger in 2020 beeinträchtigen sollte.
Wir sprechen uns daher insgesamt für ein vereinfachtes und formloses Verfahren zur Beantragung und Bewilligung der Anwendung der Ausnahmeregelungen in 2020 aus.
Zu. 3.) Laufzeit des Erlasses zu kurz bemessen
Da die Pandemie nicht vorbei ist, bei zwar momentanen moderaten bis niedrigen Infektionszahlen in Sachsen-Anhalt, kann niemand die Infektionslage im kommenden Herbst oder Winter voraussagen. Weiterhin werden die Träger auch mindestens im Frühjahr 2021 mit Einschränkungen und erhöhten Kosten, wie Aufwendungen für Maßnahmen, arbeiten müssen. Die aufgrund der Lockerungen mögliche und umfassendere Ansprache und Erreichung der Zielgruppen laufen seit einigen Wochen erst wieder an. Aufgrund des vorangegangenen Lockdowns, ebenso wie auch die Ausrichtungen von „Präsenzmaßnahmen“, sind sie jedoch weiterhin mit erhöhten Zeitaufwänden und Herausforderungen für die Träger verbunden. Daher sollten, neben der Anwendung erhöhter Tagespauschalen, auch die Möglichkeiten der Arbeit mit kleineren Gruppen und die ausgeweitete Durchführung regionaler Maßnahmen sowie die gegliederte Möglichkeit digitaler Maßnahmen verlängert werden. Wie oben benannt, sind die Träger mit Perspektive auf 2021 mit vielen Unsicherheiten konfrontiert.
Eine Anwendung auf das Jahr 2021 böte den Trägern die Möglichkeit, einen vorausschauenden Mix an Maßnahmentypen mit digitaler, regionaler als auch gewohnt landesweiter Ausrichtung in ihren Jahresprogrammen zu verankern.
Die Laufzeit des Ausnahmeerlasses sollte daher verbindlich bis zum 31.12.2021 verlängert werden und Anwendung auf die Antragstellung finden.
Wir möchten Sie freundlich, aber eindringlich dazu auffordern, schnell mit dem KJR die benannten Vorschläge und Argumente zu diskutieren, um deren Realisierung auf den Weg zu bringen. Eine Einigung auf ein geändertes Verfahren bis spätestens 16.09.2020 wäre hilfreich, um die Träger zu informieren und Verwaltungsaufwände zu reduzieren.
Photo by Joanna Kosinska on Unsplash