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Jugendverbände beschließen Position zum Thema Bildung

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Die im Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. zusammengeschlossen Jugendverbände haben auf ihrer Mitgliederversammlung vom 10.03.2018 folgendes Positionspapier verabschiedet

POSITIONSPAPIER KJR LSA JUGENDARBEIT UND SCHULE
Im Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. organisieren sich verschiedenste Jugendverbände. Diese Vielfalt an Trägern und verschiedenen Werten ist grundlegend für eine lebendige Jugendverbandslandschaft. Als Kinder- und Jugendverbände sind wir Vermittler zwischen Individuum und Gesellschaft, durch Mitwirkung in unseren Strukturen sollen unsere Mitglieder Gesellschaft erfahren und gestalten. In diesem Positionspapier wollen wir unsere Standpunkte zu dem Spannungsfeld Jugendarbeit und Schule darstellen.

I. SELBSTVERSTÄNDNIS
Grundlegend für Jugendverbandsarbeit sind ihre Selbstständigkeit und die Selbstbestimmung ihrer Mitglieder. Niemand ist gezwungen bei uns Mitglied zu werden oder zu bleiben. Die Schwerpunkte und Inhalte unserer Arbeit vor Ort werden von Aktiven aus unseren Jugendverbänden selbst bestimmt und selbst organisiert. Die folgenden Kriterien sind unser Anspruch an die eigenen Grundsätze: Freiwilligkeit der Beteiligung, Demokratie sowohl gelebt in der Organisationsstruktur als auch in der Entscheidungsfindung vor Ort, Selbstverantwortung, Förderung und Einbindung von Ehrenamt, Vielfalt und Gleichberechtigung aller Menschen. Wir sind elementarer Bestandteil der Jugendhilfelandschaft. Wir schaffen jungen Menschen Räume der Beteiligung und vertreten ihre Interessen. In unserer Vielfalt sind wir Kinder- und Jugendverbände ein Abbild der Gesellschaft. In dieser Funktion sind wir nicht wertneutral. Auf der Basis unserer Grundsätze beziehen wir politisch Position, um die Lebensverhältnisse junger Menschen zu verbessern.

II. BILDUNGSBEGRIFF
Unsere Bildungsarbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Erziehung junger Menschen zu eigenverantwortlichen, gesellschaftsfähigen Persönlichkeiten. Hierbei sind für uns die oben genannten Grundsätze ausschlaggebend. Während die originäre Aufgabe von schulischer Bildung in der Wissensvermittlung und der über Leistung stattfindenden Selektion besteht, verstehen wir Jugendverbände Bildung zentral als Persönlichkeitsentwicklung. Unsere pädagogische Praxis ist geprägt durch Freiwilligkeit und Offenheit, sie ist ereignissensibel und nicht bewertungsorientiert. Sie bietet Freiräume zur individuellen Entfaltung. Der Schwerpunkt unserer Bildungsarbeit liegt auf non-formaler Bildung.

III. KOOPERATIONSZIELE UND -ANLIEGEN
Aus unserem Selbstverständnis und unserem Bildungsbegriff heraus sind es unsere zentralen Anliegen, dazu beizutragen gesellschaftliche Benachteiligung abzubauen und möglichst vielen Kindern und Jugendlichen unsere Angebote zugänglich zu machen und diese für unsere Arbeit zu begeistern.
Bei einer Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule profitieren beide Seiten. Durch die Kooperation bieten wir gemeinsam gesellschaftliche und politische Bildung in einem weitreichenderen Ausmaß und mit einer anderen Perspektiven an, als die Schule dies alleine leisten kann.
Durch die Stärkung der strukturellen Mitbestimmung und die Ermöglichung von Selbst- und Mitbestimmungserfahrungen in der Schule lernen Kinder und Jugendliche unser demokratisches Gesellschaftssystem besser kennen, wodurch ihre Persönlichkeitsentwicklung gefördert wird. Hierfür bedarf es begleitete und geschützte Erfahrungsräume in denen jungen Menschen bewertungsfrei und partizipativ ihre Interessen entdecken und lernen diese zu vertreten. Eine Zusammenarbeit eröffnet den Raum für ereignissensible Angebote, die unabhängig von einem Lehrplan angeboten werden und somit die Möglichkeit haben, sensibel auf aktuelle Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen einzugehen.
Im Fokus der Jugendarbeit steht dabei die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei ihrer Lebensbewältigung und gesellschaftlichen Selbstpositionierung.
Gemeinsam mit Schule ist es möglich ein erweitertes Bildungsverständnis zu schaffen, um die Entwicklung von jungen Menschen zu eigenverantwortlichen, gesellschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern. Dies erfolgt sowohl durch Kooperationen konkret als auch durch die Veränderung von Gesetzen und Richtlinien.
IV. RAHMENBEDINGUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN
In einer Kooperation ist die Schule stets der größere Partner, während die Jugendarbeit mit weniger Ressourcen wie Personal und Finanzen der kleinere Partner ist. Dennoch ist es unser Anspruch, dass die Jugendarbeit ein Kooperationspartner und kein Dienstleister der Schule ist. Wir fordern eine Kooperation auf Augenhöhe. Eine Regelung im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung ist erforderlich.
Eine weitere Herausforderung der Zusammenarbeit ist immer noch, dass sie überwiegend an das Engagement Einzelner gebunden ist. Ein Ziel muss es daher sein, die Kooperation von Jugendarbeit und Schule strukturell zu verankern.
Ein positiver Gelingensfaktor hierfür ist unter anderem das Vorhandensein von Schulsozialarbeit am Schulstandort. Die Schulsozialarbeit als Angebot der Jugendhilfe besitzt das Potenzial Brücken zwischen Schule und Trägern der Jugendarbeit zu bauen.
Schule expandiert immer mehr in Freiräume und Freizeit junger Menschen. Zudem wird das Ganztagsangebot von Kindern und Jugendlichen meist negativ bewertet. Unser Ziel ist es, dies durch Kooperationen, auch im Ganztagsbereich, zu verbessern und dabei Freiräume und -zeiten für junge Menschen zurück zu gewinnen.
Das Schulsystem basiert auf dem Grundgedanken der Leistungsselektion. Eine Kooperation mit Schule muss deswegen jahrgangs-, schulform- und leistungsunabhängig stattfinden und darf sich nicht auf Ganztagsschulen beschränken.

V. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Ziel der Politik auf kommunaler und auf Landesebene muss die selbstverständliche Kooperation von Jugend(verbands)arbeit und Schule als Kooperation zweier eigenständiger Partner auf Augenhöhe sein.
Um dies auch perspektivisch sicherzustellen, muss die Kinder- und Jugend(verbands)arbeit so gut ausgestattet sein, dass sie auch weiterhin als eigenständige Partnerin auftreten kann. Hierfür bedarf es neben der finanziellen und personellen Ausstattung vor allem auch Räume und Zeiten junger Menschen jenseits von Schule, die es diesen ermöglichen in Jugendverbänden aktiv zu sein. Hierbei ist auch wichtig, dass Landes- sowie kommunale Mittel für außerschulische Jugendbildungsarbeit unkompliziert für Bildungsangebote, die in den Räumlichkeiten von Schulen stattfinden, verwendet werden können.

Auf Landesebene bedarf es in diesem Sinne gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen z.B. in Form von Gesetzen, Erlassen oder Richtlinien, welche, die die Kooperation von Jugendarbeit und Schule befördern und nicht behindern. Diese müssen durch beide Partner*innen gemeinsam gestaltet werden. Ebenfalls ist eine Verbesserung der Kooperation im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung anzustreben. Für eine gegenseitige Öffnung der Handlungsfelder wäre es hilfreich, Lehrkräften die Handlungsweisen als auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen der verbandlichen Jugendarbeit näherzubringen. Gemeinsame Qualifikationsangebote, an denen sowohl Lehrerinnen*innen als auch sozialpädagogische Fachkräfte der Jugendarbeit teilnehmen können, helfen das wechselseitige Verständnis zu verbessern um eine Basis für kontinuierliche Arbeits- und Kommunikationsprozesse zu schaffen.
Weiterhin ist die Vermittlung von Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der Lehrer*innenausbildung zwingend notwendig.
In den Landkreisen und kreisfreien Städte bedarf es einer zwingenden Einbeziehung der Kooperationspartner_innen in kommunale Planungsprozesse (Jugendhilfeplanung, Bildungsplanung). Jugendverbandsarbeit muss als wichtiger Bestandteil kommunaler Bildungslandschaften anerkannt werden.
Das bedeutet, dass die außerschulischen Akteure der Kinder- und Jugend(verbands)arbeit in die Strukturen der öffentlichen Träger des Schulsystems (Land und Kommune) institutionell einzubinden sind. Zentral dafür sind der Bildungsausschuss und Jugendhilfeausschuss.
Für eine konkrete Kooperation vor Ort ist eine Kooperationsvereinbarung unabdingbar. Neben dieser ist eine Verankerung der Kooperation durch eine gegenseitige strukturelle Einbeziehung bei wichtigen Entscheidungen (z.B. Schulkonzeptentwicklung, Gesamtkonferenz) notwendig.

Entscheidend ist es, die unterschiedlichen Strukturen, Anforderungen und Arbeitsweisen im Rahmen von Kooperationsverhältnissen zwischen Jugendarbeit und Schule anzuerkennen und zu berücksichtigen. Dabei muss den Prinzipien der Jugendverbände (z.B. Ehrenamtsprinzip, Freiwilligkeit, Subjektorientierung) in der Ausgestaltung von Angeboten Rechnung getragen werden. Beispielsweise muss die zeitliche Vereinbarkeit für ehrenamtliche Kooperationspartner_innen und Schule gegeben sein.