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Kinder- und Jugendarmut | Aktuelle Statistiken

Kinder- und Jugendarmut in Sachsen-Anhalt 

Junge Menschen in Sachsen-Anhalt sind im bundesdeutschen Vergleich besonders von Armut betroffen. Jedes vierte Kind und fast jeder dritte junge Erwachsene leben in Sachsen-Anhalt in Armut, sogleich die Zahlen im Jahr 2023 leicht rückläufig waren. Besonders betroffen sind junge Frauen. Erfreulicherweise gab es hier zuletzt einen deutlichen Rückgang von 38,9 % im Jahr 2021 auf aktuell 33,6 %. Zwar sind die Zahlen in Sachsen-Anhalt besonders hoch, doch Kinder- und Jugendarmut ist nicht nur ein Problem dieses Bundeslandes. Bundesweit sind 20,7 % der Kinder und Jugendlichen und 25 % der jungen Erwachsenen betroffen. 

Die angegebene Armutsgefährdungsquote bezieht sich auf die relative Armut. Hiernach gelten Personen als armutsgefährdet, wenn sie in einem Haushalt leben, dessen Einkommen weniger als 60 % des mittleren Einkommens beträgt (OECD-Skala).

Sachsen-Anhalt 2021Sachsen-Anhalt 2022Sachsen-Anhalt 2023Deutschland 2021Deutschland 2022Deutschland 2023
Insgesamt19,219,219,416,916,816,6
Unter 18 Jahre24,926,224,821,321,820,7
Zwischen 18 bis unter 25 Jahre33,7343225,825,225
Weiblich zwischen 18 bis unter 15 Jahre38,937,633,627,62726,5

Eigene Darstellung | Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2024). A.2 Armutsgefährdungsquoten, Bundesländer nach soziodemografischen Merkmalen (Bundesmedian) ab 2020. Ergebnisse des Mikrozensus 2023.  Online verfügbar unter: https://www.statistikportal.de/de/sbe/ergebnisse/einkommen-armutsgefaehrdung-und-soziale-lebensbedingungen/armutsgefaehrdung-und-4; zuletzt geprüft 25.07.2024.

Besonders betroffene Gruppen

Armut bei Kindern und Jugendlichen lässt sich in der Regel auf die Armut der Sorgeberechtigten zurückführen. Dabei zeigt sich, dass Armut sozial ungleich verteilt ist und bestimmte Personengruppen besonders häufig betroffen sind. Zu den Risikogruppen zählen Alleinerziehende, Mehrkindfamilien, Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte sowie Personen mit geringer Qualifikation. 

Sachsen-Anhalt 2021Sachsen-Anhalt 2022Sachsen-Anhalt 2023Deutschland 2021Deutschland 2022Deutschland 2023
Alleinerziehende49,751,443,242,343,241
Familien mir drei oder mehr Kindern3840,139,232,232.130,1
ohne deutsche Staatsangehörigkeit53,958,958,535,935,335,5
Migrationshintergrund45,148,749,828,628,127,7
niedriges Qualifikationsniveau41,941,944,139,83938,5

Eigene Darstellung | Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2024). A.2 Armutsgefährdungsquoten, Bundesländer nach soziodemografischen Merkmalen (Bundesmedian) ab 2020. Ergebnisse des Mikrozensus 2023.  Online verfügbar unter: https://www.statistikportal.de/de/sbe/ergebnisse/einkommen-armutsgefaehrdung-und-soziale-lebensbedingungen/armutsgefaehrdung-und-4; zuletzt geprüft 25.07.2024.

Alleinerziehende sind häufiger gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten, um sich um ihre Kinder kümmern zu können, während sie gleichzeitig nur ein Einkommen zur Verfügung haben. Positiv ist, dass die Armutsgefährdungsquote von Alleinerziehenden in Sachsen-Anhalt im Jahr 2023 deutlich gesunken ist. Dennoch bleibt sie mit 43,2 % weiterhin alarmierend hoch. Mehrkindfamilien sehen sich steigenden Kosten mit jedem weiteren Kind gegenüber, während sie maximal zwei Einkommensquellen haben und immer mehr Zeit für Sorgearbeit aufwenden müssen. In Sachsen-Anhalt sind derzeit 39,2 % der Mehrkindfamilien von Armut betroffen. 

Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte begegnen oft systemischen Herausforderungen, wie unter anderem die eingeschränkte Anerkennung von Schulabschlüssen oder einem eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Dies äußert sich in Sachsen-Anhalt mit einer massiven Armutsbetroffenheit von 58,5 % bzw. 49,8 %. Ein niedriges Qualifikationsniveau beeinträchtigt ebenfalls die Arbeitsmarktchancen erheblich: 44,1 % der Personen mit geringer Qualifikation sind in Sachsen-Anhalt aktuell von Armut betroffen. 

Die verschiedenen Risikofaktoren, wie die Herkunft oder der Bildungsstand, stehen miteinander in Wechselwirkung und können sich gegenseitig verstärken, was die Armutsproblematik weiter verschärft. 

Kinder- und Jugendarmut in den Landkreisen und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt 

Auf Kreisebene kann die Armutsgefährdungsquote (relative Armut) nicht herangezogen werden, sondern nur die SGB II-Bezugsquote (sozialstaatliche Armutsdefinition). Diese ermöglicht zwar kleinräumige Analysen bis in die kommunale Ebene, hat jedoch gleichzeitig starke Limitationen. So handelt es sich hierbei im Grunde bereits um „bekämpfte Armut“. Zudem gibt es eine hohe Rate der Nichtinanspruchnahme. Weitergehend fallen viele Menschen, wie Studierende, nicht unter die Anspruchsberechtigung für Bürgergeld und leben dennoch in Armut. Dies führt dazu, dass nach dieser Definition deutlich weniger Personen als armutsbetroffen gelten, insbesondere junge Erwachsene. Daher eignet sich die sozialstaatliche Armutsdefinition nur für einen groben Überblick der Situation in den Kommunen. 

Ein Blick auf die Landkreise und kreisfreien Städte in Sachsen-Anhalt zeigt, dass insbesondere Halle (Saale) (26 %) und Magdeburg (22,6 %) stark von Kinderarmut betroffen sind. Auch in Stendal (19,6 %), Dessau-Roßlau (19,5 %), Mansfeld-Südharz (19,2 %) und dem Salzlandkreis (18,5 %) ist die Kinderarmut deutlich ausgeprägt. 

RegionUnter 18 Jahren18 bis unter 25 Jahre
Dessau-Roßlau19,512,4
Halle (Saale)269,9
Magdeburg22,610,6
Altmarkkreis-Salzwedel10,68,9
Anhalt-Bitterfeld17,210,9
Börde8,96,0
Burgenlandkreis15,610,3
Harz12,78,5
Jerichower Land13,610,2
Mansfeld-Südharz19,213,8
Saalekreis13,18,8
Salzlandkreis18,512,8
Stendal19,613,2
Wittenberg14,710,3

Eigene Darstellung | Quelle: Funcke, Antje; Menne Sarah (2023). Kinder und Jugendarmut in Deutschland. Tabelle 29., Gütersloh: BertelsmannStiftung, S. 29. Online Verfügbar unter: www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/factsheet-kinder-und-jugendarmut-in-deutschland, zuletzt geprüft 29.07.2024.

Weitere statistische Indikatoren im Zusammenhang mit Armut 

Es gibt eine Vielzahl weiterer Indikatoren, die im direkten Zusammenhang mit Kinder- und Jugendarmut stehen. Einer dieser Faktoren ist die Jugendarbeitslosenquote. Diese ist in Sachsen-Anhalt mit 8,1 % signifikant höher als im Bundesschnitt – dieser liegt nur bei 4,9 %. 

Sachsen-AnhaltDeutschland
Jugendarbeitslosenquote8,14,9

Eigene Darstellung | Quelle: Statista (2024). Jugendarbeitslosenquote (15 bis unter 25 Jahre) in Deutschland nach Bundesländern in den Jahren 2022 und 2023,
Online verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73091/umfrage/bundeslaender-im-vergleich-junge-arbeitslose/, zuletzt abgerufen am 25.07.2024.

Doch auch Erwerbstätigkeit schützt nicht zwingend vor Armut. Es gibt Personen, die trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen sind – die sogenannten „working poor“. In Sachsen-Anhalt ist jede zehnte Person trotz Erwerbstätigkeit von Armut betroffen.  

Sachsen-AnhaltDeutschland
Armutsgefährdungsquote von Erwerbstätigen9,97,8

Eigene Darstellung | Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2024). A.2 Armutsgefährdungsquoten, Bundesländer nach soziodemografischen Merkmalen (Bundesmedian) ab 2020. Ergebnisse des Mikrozensus 2023.  Online verfügbar unter: https://www.statistikportal.de/de/sbe/ergebnisse/einkommen-armutsgefaehrdung-und-soziale-lebensbedingungen/armutsgefaehrdung-und-4; zuletzt geprüft 25.07.2024.

Dies erklärt sich u.a. durch ein deutlich niedriges Bruttoeinkommen in Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Bundesmedian. Dies lag in Sachsen-Anhalt bei jährlich 36.500 €. Das sind 7.250 € weniger als der Bundesmedian. 

Sachsen-AnhaltDeutschland
Bruttojahreseinkommen (Median)3650043750

Eigene Darstellung | Quelle: Stepstone (2024): Stepstone Gehaltsreport 2024, Online verfügbar unter: https://www.stepstone.de/e-recruiting/gehalt-deutschland/, zuletzt abgerufen am 25.07.2024.

Besonders von Armut betroffen sind Personen mit einem niedrigen Qualifikationsniveau. Dahingehend ist es besonders alarmierend, dass in Sachsen-Anhalt mehr als jede zehnte Person die Schule ohne Abschluss verlässt – diese Zahl ist deutlich höher als der Bundesdurchschnitt. 

Sachsen-AnhaltDeutschland
20219,76,2
202211,66,8
202312,8noch keine Daten

Eigene Darstellung | Quelle: GENESIS-Online (2024). Tabelle 21111-0006: Schulabgängerinnen und Schulabgänger nach Abschlussarten in den kreisfreien Städten und Landkreisen ab dem Schuljahr 2007/08. Online verfügbar unter: https://genesis.sachsen-anhalt.de/genesis/online?operation=tables&code=21111#abreadcrumb, zuletzt abgerufen am 25.07.2024; GENESIS-Online (2024). Tabelle 21111-0004: Absolventen und Abgänger: Deutschland, Schuljahr, Geschlecht, Schulart, Schulabschlüsse. Online Verfügbar unter: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online#astructure, zuletzt abgerufen am 25.07.2024

Im Hinblick auf Jugendarmut sind insbesondere Studierende stark überdurchschnittlich betroffen. Mehr als jede*r dritte Studierende ist armutsgefährdet. Bei Studierenden, die allein oder ausschließlich mit anderen Studierenden zusammenleben, sind es sogar drei Viertel. 

Hinsichtlich der Armut von Studierenden ist die BAföG-Bezugsquote als ein wesentliches Instrument der Studienfinanzierung ein relevanter Indikator. Das BAföG erreicht derzeit mehr als 88 % der Studierenden nicht mehr. In den 70er Jahren gab es noch BAföG-Gefördertenquoten von über 40 %. Große Anteile an Studierenden sind nicht BAföG-berechtigt, da das Haushaltseinkommen der Familie über den gesetzlichen Bemessungsgrenzen liegt. Der monatliche Freibetrag verheirateter Eltern liegt aktuell bei 2.415 € Netto (§ 25 BAföG). In Sachsen-Anhalt liegt die BAföG-Bezugsquote mit 15% aktuell allerdings höher als der Bundesdurchschnitt (11,5%). 

Sachsen-AnhaltDeutschland
BAföG-beziehende Studierende1511,5

Eigene Darstellung | Quelle: CHE gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung (2023). Check Studienfinanzierung in Deutschland 2023. Online verfügbar unter: https://www.che.de/download/check-studienfinanzierung-2023/?wpdmdl=29735&refresh=66a3860495ef81721992708&ind=
1704450218826&filename=1704450218wpdm_CHECK_Studienfinanzierung_
in_Deutschland_2023.pdf
, zuletzt abgerufen am 26.07.2024.

Studierende, die alleine oder ausschließlich mit anderen Studierenden zusammenlebenStudierende insgesamt
Armutsgefährdungs-quote Student*innen76,137,9

Eigene Darstellung | Quelle: Statistisches Bundesamt. Destatis (2022). Online verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/11/PD22_N066_63.html, zuletzt abgerufen am 23.07.2024.