Was bedeutet Eigenständige Jugendpolitik?
Eigenständige Jugendpolitik bezeichnet einen Politikansatz, der die Interessen und Bedürfnisse von jungen Menschen in den Mittelpunkt ressortübergreifenden politischen Handelns stellt.
Hintergrund und Entwicklungen in Sachsen-Anhalt
Am 05.11.2011 wird auf der 27. Mitgliederversammlung des KJR der Grundstein für eine Eigenständige Jugendpolitik in Sachsen-Anhalt gelegt. Dort beschließen die Mitgliedsverbände den Antrag M1 Politische Partizipation junger Menschen, der die Weichen für die zukünftige jugendpolitische Ausrichtung des KJR stellt. In der Begründung dazu heißt es:
Sachsen-Anhalt wird sich in den nächsten Jahren massiv verändern. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. Die derzeit bestehenden Instrumente der Kinder- und Jugendpolitik auf Landesebene müssen aus Sicht des KJR gebündelt und vernetzt werden, um so Antworten auf die anstehenden Fragestellungen zu finden. Hinter dieser Bündelung muss ein Gesamtkonzept stehen, welches Kinder und Jugendliche als aktive junge Menschen einbezieht, fördert und unterstützt. Aus diesem Grund fordert der KJR die Landesregierung auf, ein kinder- und jugendpolitisches Programm für die laufende Legislatur aufzustellen
Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. (2011): Antrag M1 – Politische Partizipation junger Menschen
Anstoß dieser Entwicklung waren umfassende Debattenbeiträge und Stellungnahmen u. a. der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendhilfe (2008, 2010), des Bundesjugendkuratoriums (2009) und des Deutschen Bundesjugendrings (2011) zur Neuausrichtung der Jugendpolitik, die auch Sachsen-Anhalt dazu motivierten sich verstärkt auf den Weg zu machen.
Seitdem hat sich die Kinder- und Jugendpolitik in Sachsen-Anhalt kontinuierlich weiterentwickelt. Hierfür setzte sich der KJR fünf Schwerpunkte, an deren Umsetzung und Weiterentwicklung bis heute viele verschiedene Akteur*innen beteiligt sind.
Beschluss M1 „Politische Partizipation junger Menschen“
- Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. fordert die Landesregierung dazu auf, die Kinder- und Jugendpolitik als zukunftsweisendes Politikfeld wieder deutlich stärker in den Fokus ihrer Arbeit zu rücken. Dies bedeutet auch die ernsthafte Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungsprozessen, die sich auch in den Umsetzungen wiederfinden sollt
Leer - Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. empfiehlt der Landesregierung das Erarbeiten eines kinder- und jugendpolitischen Programms.
Leer - Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. fordert die Aufnahme eines Passus in die Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt, der die altersangemessene Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Gemeinden bei allen Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, vorschreibt.
Leer - Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. fordert die Senkung des aktiven Wahlrechts für Landtags- und Bundestagswahlen auf 16 Jahre sowie die Senkung des passiven Wahlrechtes auf kommunaler Ebene auf 16 Jahre.
Leer - Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. fordert erneut die Landesregierung dazu auf, neben der/dem Kinderbeauftragten auch eine/n Jugendbeauftragte/n zu benennen.
Wichtige Meilensteine im Rahmen der Bearbeitung dieser Forderungen sind der Landtagsbeschluss 2012 sowie der Start des Projekts „Jugend Macht Zukunft“ im Jahr 2014, die ein klares Signal an die Landesregierung zur Erstellung eines Jugendpolitischen Programms setzten.
Bereits zuvor wurden auf der landesweiten Fachtagung „Fokus Jugend 2012: Jugendpolitik“ mit ca. 100 Teilnehmer*innen erste Ziele und Maßnahmen festgelegt, die sich auf eine Eigenständige Jugendpolitik und Repolitisierung der Kinder- und Jugendarbeit fokussierten. Damit wurde eine neue Sichtweise auf Jugendpolitik in Sachsen-Anhalt eingeführt, die die Interessen und Bedürfnisse junger Menschen in den Mittelpunkt gesellschaftlichen und politischen Handelns stellt.
Einen Überblick über die Entwicklung der Eigenständigen Jugendpolitik in Sachsen-Anhalt findet sich im folgenden Zeitstrahl.
KJR-Beschluss M1: „Politische Beteiligung junger Menschen
„Die derzeit bestehenden Instrumente der Kinder- und Jugendpolitik auf Landesebene müssen aus Sicht des KJR gebündelt und vernetzt werden, um so Antworten auf die anstehenden Fragestellungen zu finden. Hinter dieser Bündelung muss ein Gesamtkonzept stehen, welches Kinder und Jugendliche als aktive junge Menschen einbezieht, fördert und unterstützt.“
Landtagsbeschluss (Drs. 6/1704)
„Die Landesregierung wird beauftragt, ein jugendpolitisches Programm zu erarbeiten, welches einen konzeptionellen Rahmen für eine eigenständige, ressortübergreifende und schlüssige
Jugendpolitik bietet.“
Start: „Jugend Macht Zukunft“
Open-Space-Konferenz als landesweiter Beteiligungsprozess: 885 Beiträge junger Menschen zu 137 Forderungen und Ideen gebündelt.
Übergabe der Forderungen an Sozialminister Norbert Bischoff
Die Vielfalt an Themen zeigte deutlich, dass das Thema Jugend alle Ressorts betrifft und deren Beteiligung in allen politischen Ebenen sinnvoll ist.
Ressortübergreifende Auftakttreffen
Erste Fachgespräche mit Mitarbeiter*innen der Ministerien zu den 137 Forderungen.
Koalitionsvertrag 2026 (S. 50)
„Junge Menschen sind nicht nur die Zukunft und nicht nur die Fachkräfte von morgen, sondern stets vollwertige Mitglieder unseres politischen Gemeinwesens. Das kinder- und jugendpolitische Programm des Landes ist in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt (KJR) und den jungen Menschen gemeinsam weiterzuentwickeln.“
Entwicklung Leuchtturmthemenansatz
Gemeinsam mit Jugendlichen, die sich ehrenamtlich bei “Jugend Macht Zukunft” engagieren (Junge Zukunftsgestalter*innen), wurde der Beschluss gefasst, anhand von Leuchtturmthemen konkrete Forderungen an das Land zu stellen, deren Umsetzung helfen soll, den Alltag junger Menschen zu verbessern.
Qualifizierungs- und Fortbildungsreihe in der Landesverwaltung
Im Rahmen von 3 Modulen wurden ressortübergreifend konkrete Praxiskriterien zur
Beteiligung junger Menschen
auf Landesebene erarbeitet (10-Punkte-Plan). Vorangegangen war eine umfassende Bedarfsanalyse in den Ressorts.
Bearbeitung von Leuchtturmthemen
Umsetzung des 10-Punkte-Plans entlang der Themen Mobilität, Digitalisierung, Nachhaltige Entwicklung.
Beschluss des Jugendpolitischen Programmes (JPP)
Am 12.01.21 wurde mit der Verabschiedung des JPP die nächste Phase der Umsetzung und Weiterentwicklung begonnen.
Koalitionsvertrag 2021 (S. 113)
„Der mit dem Kinder- und Jugendbericht sowie dem jugendpolitischen Programm eingeschlagene Weg der Einbeziehung von Jugendlichen wird fortgesetzt. Das seit 2014 erfolgreiche, ressortübergreifende Partizipationsprojekt „Jugend Macht Zukunft“ des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt soll fortgesetzt werden.“
10 Jahre Eigenständige Jugendpolitik in SAchsen-Anhalt
Zehn Jahre ist es her, seitdem der KJR sich auf den Weg machte, die Jugendpolitik in Sachsen-Anhalt neu auszurichten und hierfür konkrete Forderungen für die Praxis in die Debatte einzubringen. Zum Jubiläum veranstalteten wir im Oktober 2021 gemeinsam mit dem Landeszentrum Jugend+Kommune einen Fachtag.
Start des JPP
Das Jugendpolitische Portal wird gestartet. Damit beginnt auch die Praxisphase des JPP, in der das Programm unter Beteiligung junger Menschen stetig weiterentwickelt werden soll.
Visionen eines jugendgerechten Sachsen-Anhalt
Als KJR ist unsere Vision ein für junge Menschen vielfältiges und lebendiges Sachsen-Anhalt, in dem sie gut und gerne leben und an dessen Gestaltung sie aktiv mitwirken können. Mit dem Jugendpolitischen Programm wurde dafür ein wichtiger Pfeiler zur Eigenständigen Jugendpolitik gesetzt. Dies kann jedoch nur ein Auftakt sein. Prozesse, die im Rahmen der Erstellung des Programmes über mehrere Jahre angestoßen wurden, müssen weiterentwickelt werden. Das heißt konkret, die von der Landesregierung eingeleiteten Vorhaben und Maßnahmen müssen auch umgesetzt werden.
Für ein gutes Leben und Aufwachsen in Sachsen-Anhalt braucht es daher:
- eine Jugendpolitik, die mehr ist als Beteiligungsprojekte.
- eine Jugendpolitik als politische Perspektive und Priorität bei Entscheidungen.
- eine Eigenständige Jugendpolitik als Programm, das ein besseres Leben ermöglichen will und immer wieder mitgedacht wird, um das Verhältnis »Jugenden in der Gesellschaft« immer wieder neu zu reflektieren.
- eine Jugendpolitik, die mutig auch bisherige Regelungen und Perspektiven überprüft, verwirft und bereit ist, neue Wege zu gehen.
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Ansprechpartner:
Martin Gneist
Referent für Eigenständige Jugendpolitik
martin.gneist@kjr-lsa.de
Tel.: 0391-289232-83