Die Ausgangslage
Seit Beginn der Corona-Pandemie verweisen der KJR LSA und die Träger der offenen Jugendarbeit darauf, dass Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie weitgehend übersehen wurden. Die Lebenssituation junger Menschen wurde und wird vor allem im Hinblick auf ihre institutionell zugewiesene Rolle als Schüler*innen thematisiert.
In Diskussionen über Schulöffnungen und Abschlüsse unter Corona-Bedingungen und Homeschooling gelten sie als „Zu-Qualifizierende“ und als Zusatzbelastung für Eltern, die sich neben der Erwerbstätigkeit auch noch um die Betreuung und das Aufholen des Schulstoffes kümmern müssen.
Gerade Kinder und Jugendliche selbst sind jedoch von den Einschränkungen und Zumutungen, die mit der Pandemie einhergehen, besonders stark betroffen. So zeigt etwa die COPSY-Studie, dass Kinder und Jugendliche durch die Pandemie psychisch belastet sind: Angst, Stress und Depressionen haben unter jungen Menschen deutlich zugenommen. Weitere Studien verweisen darauf, dass auch die allgemeine Lebenszufriedenheit abgenommen hat, was mit der Angst vor sozialer Isolation und der Sorge vor schulischen Anforderungen und um die eigene Bildungsbiografie einhergeht.
Die Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt ist sich dieser Situation bewusst und arbeitet seit Beginn der Pandemie immer wieder an neuen kreativen Konzepten, um auch während der Pandemie den Kontakt zu jungen Menschen zu gewährleisten und unter Einhaltung der allgemeinen Hygienevorschriften sichere Freiräume während der Pandemie zu schaffen. Dazu gehören auch die vielfältigen digitalen Angebote, die die Jugendarbeit in den vergangenen anderthalb Jahren auf die Beine gestellt hat.
Trotz dieser Relevanz der Jugendarbeit, die seit der Pandemie im Hinblick auf die Lebenssituation junger Menschen und die gesamtgesellschaftliche Demokratie verstärkt deutlich wird, blickt die Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt auf einen langen Leidensweg zurück. Wie etwa die Evaluation des § 31 KJHG-LSA gezeigt hat und auch der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. in seiner Petition „Zukunft sichern: Jugendarbeit vor Ort retten“ deutlich gemacht hat, ist insbesondere die Jugendarbeit in den ländlichen Räumen während der letzten Jahre schwer finanzierbar geworden.
Um an dieser Situation etwas zu ändern, haben der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V., das Paritätische Jugendwerk Sachsen-Anhalt, Landesjugendwerk der AWO Sachsen-Anhalt e. V., die Evangelische Kirche Mitteldeutschland sowie der DRK Landesverband Sachsen-Anhalt e. V. rund um die Landtagswahl Aktionen ins Leben gerufen, die wir hier zusammentragen.
Die Aktionen
Die Fotoaktion # JugendMöglichMachen
Um jungen Menschen in Sachsen-Anhalt selbst die Möglichkeit zu geben, ihren Anliegen und Bedürfnissen Gehör zu verschaffen, haben wir gemeinsam mit landesweiten Trägern der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu einer Fotoaktion aufgerufen. Die bei uns eingegangenen Zuschriften dokumentieren wir hier.
„Ich brauche Jugendclubs als Freiräume, weil
ich hier auch ich sein kann, einen gewissen Abstand von der Schule haben und außerhalb meines Elternhauses genau diesen Raum für mich nutze kann! Hier kann ich abschalten, meine Freizeit ausleben, meine Freunde treffen und erhalte aber trotzdem jeder Zeit Hilfe und Unterstützung bei Problemen. Im Jugendklub fühle ich mich wohl und geborgen, weil ich hier zu jeder Zeit akzeptiert werde. Regeln und Normen spielen hierbei eine wesentliche Rolle!“
– Lena Raschke
„Seit mehr als einem Jahr fehlt mir,
dass ich, ohne zu überlegen, mich mit egal wie vielen Freunden treffen kann, ich vermisse meine Präsenz in Regelmäßigkeit in der Schule, vermisse Diskotheken u. Konzerte in meinem Jugendclub, vermisse Schwimmbad- u. Kinobesuche, Ausflüge und Urlaubsfahrten mit Eltern u. Freunden! Ich wünsche mir mein Leben vor der Pandemie zurück, um meine Jugend ausleben zu können, den kürzesten Abschnitt meines Lebens!“
– Leonie Trübe (13) und Leonie Fiedler (13)
Ich bin mehr als ein*e Schüler*in, sondern
Tochter, Enkeltochter, Freundin, Nichte, Cousine, Mensch, der soziale Kontakte braucht.
– anonynme Zuschrift, Jugendklub “Der Treff” Oschersleben
Das Fachgespräch #JugendmöglichMachen
Am 01.06., dem Internationalen Kindertag dieses Jahres, veranstalteten wir ein Fachgespräch mit Kandidat*innen der Landtagswahl 2021 über die Anforderungen an eine gute Jugendpolitik für die kommende Legislaturperiode.
Für die Parteien nahmen teil:
- Kristin Heiß (DIE LINKE)
- Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Tobias Krull (CDU)
- Konstantin Pott (FDP)
- Julia Brandt (SPD)
Den ersten Teil des Gesprächs, bevor es in die Diskussion ging, findet ihr hier:
Jugendarbeit auf dünnem Eis? Ein Austausch mit dem Jugendlcub Young Generation
Jugendarbeit auf dünnem Eis? Zu dieser Frage organisierten der Rückendwind e. V. Schönebeck und ihr Jugendklub Young Generation am 01.06.2021 einen Austausch zwischen Landtagswahlkandidat*innen aus dem Wahlkreis Schönebeck und jungen Menschen aus der Region.
In diesem Zuge entstand auch das folgende Video, in dem junge Menschen über ihre Bedürfnisse und Anliegen in der nach wie vor anhaltenden Pandemie sowie für die Zeit danach berichten und erklären, warum ihr Jugendclub für sie (gerade jetzt) ein wichtiger Freiraum ist:
Eingeleitet wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Peter-Ulrich Wendt (Soziale Arbeit, Hochschule Magdeburg-Stendal), der in wenigen Worten erklärt, warum Kinder-und Jugendarbeit von immenser Bedeutung für unsere Gesellschaft, worin die für ihr Gelingen notwendigen Rahmenbedingungen bestehen und welche politischen Stellschrauben gedreht werden müssen, um diese zu schaffen.
Unsere Wahlprüfsteine für eine Gute Jugendolitik
Auf Basis unseres Grundsatzbeschlusses “Gemeinsam aktiv für junge Menschen – Eine gute Jugendpolitik für Sachsen-Anhalt 2021-2026”, der vom Sprecher*innenkreis des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e. V. am 29.09.2020 beschlossen wurde, haben wir vor der Landtagswahl die im aktuellen Bundestag vertretenen demokratischen Parteien zu ihren jugendpolitischen Positionen befragt.
Eine Übersicht über die verschiedenen Wahlprüfsteine und Themenbereiche sowie die ausführlichen Antworten der Parteien findest du hier.